Innere Begegnungen

Um den Sonnenschein schöner Tage zu genießen zu können, bedarf es oft nur ein offenes Herz und grenzenloses Vertrauen in Kräfte von Etwas, was mancher Magie des Lebens, der Natur, nennt.

Die inneren Dämonen kommen immer dann, wenn ich glaube, jetzt habe ich es begriffen.

So gesehen habe ich des öfteren viel zu wenig begriffen. So perfekt hatte ich die Praxiswoche organisiert, alles mit Liebe zum Detail für die Bequemlichkeit der Klienten arrangiert. Und was passierte? Jedes Publikum hat seine kleine Nervensäge oder jemanden, der stets unzufrieden ist. Ein solches Wesen treibt uns mit Nörgeln, Sonderwünschen und ständiger Unzufriedenheit zum Wahnsinn. Manchmal sind wir kurz vor dem Explodieren.

Eines Tages stürmte ich ziemlich erschöpft von einem ebensolchen Geschöpf in den noch kühlen Garten, um mich auf die Bank zusetzen und an mir selbst zu verzweifeln. Die warmen Hände der guten Fee legten sich auf meine Schultern, „Weglaufen ist nicht die Lösung.“ Ich stöhnte auf, „ Dableiben und explodieren aber auch nicht. Wenn ich zu lange mit solchen Personen zusammen bin, bin ich nicht ich selbst“ „Stimmt nicht, du bist immer du selbst, selbst in den Fängen der inneren Dämonen.“, die gute Fee begann sanft meine Schultern zu massieren. „Oh ja, meine besonderen Freunde, Angst vorm Versagen, nicht allen und allem bestmöglichst gerecht zu werden, Schuld und Wut tanzen wieder mal Samba.“, ich war am meisten wütend auf mich selbst, „Von innerer Ruhe und Gelassenheit keine Spur. Ich sollte mich in eine einsame Hütte zurückziehen, da habe ich die Ruhe mich zu finden.“ Die gute Fee lachte kurz auf, „ Wen gedenkst dort außer dir selbst zu finden?“

Also manchmal begriff die Gute nichts, aber auch wirklich nichts. Genervt fuhr ich hoch, „Meine wahre Natur werde ich in der Stille finden! Was sonst?“ Ruhig drückte die gute Fee meine hochgezogenen Schultern wieder an den rechten Platz, „Dann schicke dich mal zur Alten Oper, in unser Stadtzentrum in Frankfurt oder mitten auf die Zeil, um deine wahre Natur zu finden.“ Ich drehte mich zornig um, heute verstand sie mich wohl absolut nicht! „Da gibt ja noch mehr Leute, die mich von mir selbst ablenken.“ Ungerührt freundlich schaute mir die gute Fee freundlich in die Augen, „ Was du suchst findest du nur in der inneren Einsamkeit. Davon kann dich niemand ablenken. Dort ist keiner außer dir.“

„Warum dann die vielen Menschen?“, fragte ich völlig perplex. „Sie sind dein Boot zu dir selbst.“, mit einem eleganten Schwung setzte sich die gute Fee zu mir auf die Bank. Ich möchte Dir eine Geschichte erzählen, sagte sie und knetete dabei sanft und ruhig weiter meine Schultern und meinen Rücken.

„Stolz auf seine neueste und modernste Segelyacht lud ein Großindustrieller sämtliche Freunde ein. Eine Freundin brachte ihren neuesten Lover mit, einen jungen Mann aus den Bergen, der noch nie am Meer war. Mit allen erlesenen und kulinarischen Genüssen begab sich die Yacht auf ihre erste Fahrt. Ein starker Seegang ließ das Schiff hin und her über die Wellen tanzen. Die meisten Gäste amüsierten sich bei jedem Auf und Ab und begossen es mit reichlich Champagner. Nur der junge Mann aus den Bergen wurde von der Seekrankheit übermannt und sah sich im Sterben. Er schrie und wehrte sich gegen jeden Wellengang. Anfangs war die Gesellschaft noch amüsiert über sein Benehmen, aber mit der Zeit fühlten sich alle schrecklich belästigt. Der Großindustrielle ließ den Kapitän rufen, „Unternehmen Sie etwas, dieses Gejammere und Geschreie ist nicht auszuhalten.“ Der Kapitän grinste, „Ich kann etwas tun, aber es ist ungewöhnlich und nicht schön mit anzusehen, aber äußerst wirksam. Das kann ich Ihnen versichern.“ Der Industrielle nickte, „Machen Sie, was Sie für richtig halten.“ Mit einer Kopfbewegung schickte der Kapitän zwei seiner stärksten Leute mit einem Seil zu dem jungen Mann. Sie ergriffen den wildschreienden Mann, banden das Seil um seine Brust und warfen ihn ohne ein Wort ins Meer. Wild zappelnd, schreiend wehrte sich der Mann gegen jede Welle und wurde immer wieder von den Matrosen untergetaucht Mit großer Aufmerksamkeit sahen sie zu, dass er immer wieder untertauchte, aber nicht ertrankt. Als er sich im Kampf mit den Wellen erschöpft hatte, holte der Kapitän ihn wieder an Bord. Dort bekam er trockene Kleidung und einen heißen Tee und lag friedlich auf einer Sonnenliege.

Erstaunt sprach der Reiche zum Kapitän: „ Was ist euer Trick?“ Der Kapitän rieb sich sein kantiges Kinn, „Ganz einfach! Als der junge Mann erkannt, wie nah er im Wasser dem Ertrinken war, konnte er die Sicherheit eurer Yacht schätzen. So ist es auch im Leben, erst die Gefahr lässt uns erkennen, welch unschätzbares Glück sich in unserem Leben verbirgt. Ein Mensch im Wohlstand weiß das trockene Brot nicht zu schätzen. Krankheit lehrt uns Gesundheit zu schätzen und Liebeskummer den Unterschied zwischen Liebe und Schein.“

Mir dämmerte, ich würde meine Dämonen auch in der Einsamkeit nicht loswerden, dort würden sie nur schlafen. Erst das Leben mit seinen Herausforderungen und meine Mitmenschen gaben mir die beste Gelegenheit ihnen zu begegnen und meinen Frieden mit ihnen zu machen. „Kann ich an Bord bleiben?“, ich schaute in die warmen und offenen Augen der guten Fee. „Ja, du bist immer willkommen.“, sie stand auf. Ich rief ihr hinterher, „ Kann man sich auf Leben vorbereiten?“ Lachend drehte sie sich um, „Das Leben ist wie ein Opernkonzert vor einem Publikum zu geben, während du gleichzeitig das Singen lernst.“

Der größte Verlust für das Leben ist das Hinausschieben: es verträumt immer den ersten Tag und entreißt die Gegenwart, indem es auf die Zukunft verweist. Aber alles, was kommen wird, ist unsicher: Lebe für den Augenblick!
Seneca, röm. Philosoph (etwa 1-65 n.Chr.)

 

Die bösen männlichen und weiblichen Dämonen, die eine Unzahl von Plagen und Behinderungen hervorrufen, erscheinen real, ehe man Erleuchtung erlangt. Aber wenn man ihr wahres Wesen erkennt, werden sie zu Beschützern, und mit ihrem Beistand und ihrer Hilfe erlangt man zahllose Verdienste.
Milarepa , Tibets großer Yogi (1052-1135)

Möget ihr gute Freunde mit allen eueren inneren Dämonen werden!