Depressionen – eine vertraute Erfahrung?
„Steht die dunkle Jahreszeit vor derTür,können wir Therapeuten uns wieder verstärkt auf die Behandlung von Depressionen einrichten.“
In der Vergangenheitstellten sich bei mir im Wesentlichen drei Klientengruppen dar:
Die „Stammpatienten“, die frühzeitig und konsequent die Praxis konsultieren, alternativmedizinisch „Vorbelastete“, die sich nach nicht vollständig ausreichender Prävention oder Selbstmedikation dann doch in Behandlung begeben wollen und die häufig ausschließlich schulmedizinisch medikamentös und somit unzufrieden bei ganzheitichem Ansatz hinzukommenden Neuklienten, die aufgrund der Eingleisigkeit auf der Stelle tretenund ungeduldig oder angstvoll ob des weiteren Verlaufes sind.
Eine vierte und ganz zentrale Gruppe sind die Angehörigen von Menschen , die an Depressionen leiden. Sie haben begriffen, dass gerade sie auch der Unterstützung und des Rückhalts im täglichen Umgang mit dem Erkrankten dringend benötigen.
Sind depressive Stimmungen eine normale Erfahrung?
Depressive Gefühle sind offenbar normal und weit verbreitet:
Wir alle kennen diese schlechten Zeiten. Morgens aufzustehen scheint keinen Sinn zu haben. Eigentlich scheint überhaupt nichts Sinn zu haben. Unsere ganze Zielstrebigkeit hat uns verlassen.
„Warum sollte ich aufstehen? Warum zur Arbeit gehen? Welchen Zweck hat das schon?“
fragen wir vielleicht. Doch als Antwort hallt nur Stille zurück.
„Fast jeder bekommt Depressionen. Jenes Grundgefühl der Leere, Erschöpfung und Sinnlosigkeit ist universell, überschreitet alle Alters-, Geschlechts- und Landesgrenzen.“
(Hazleton, 1995, S.9)
Ich zitiere Professor Dr. Ruppert aus München:
„Der Begriff „Depression“ leitet sich von dem lateinischen Verb „deprimere“ ab, das „niederdrücken“ bedeutet. Gefühle wie Lustlosigkeit, Niedergeschlagenheit, Hoffnungslosigkeit, innere Leere oder Ohnmacht, Aussagen wie „Ich mag nicht mehr!“, „Ich kann nicht mehr!“. „Mich kann keiner mögen.“ bis hin zu der Überlegung „Am besten, ich bringe mich gleich um!“ können depressive Stimmungen von unterschiedlichem Ausmaß zum Ausdruck bringen. Wer solche Stimmungen, Gefühle und Gedanken nicht aus eigenem Erleben kennt, hat sicher jemanden in seinem näheren Umfeld, der die Anzeichen depressiver Verstimmung durch Gestik, Mimik, Körperhaltung, durch Stummsein oder viel Reden zum Ausdruck bringt.
Seelische Tiefs scheinen zur Normalität menschlichen Erlebens ebenso zu gehören wie Hochstimmungen und Glücksmomente.
Wo aber endet der normale Kummer und die gewöhnliche Unlust? Wo beginnt ein psychischer Zustand, der sich selbst aus dem Unglücklichsein nicht mehr befreien kann und sich immer mehr in einem Leidenszustand vertieft?
Es gibt dafür eine Reihe von Indikatoren: Die niedergeschlagene Stimmung hält schon sehr lange an,sie ist so etwas wie das Grundgefühl des eigenen Lebens.
Eher unbedeutend erscheinende Anlässe können eine schwere seelische Krise auslösen.
Versuche, sich selbst und die eigenen Gefühle besser zu verstehen, führen nur zu weiterer Niedergeschlagenheit. Trost von anderen Menschen („Aber du bist doch gar nicht so …!“, „Immerhin kannst du doch …“ usw.) kommt nicht an.
Menschen mit schweren Depressionen sprechen häufig davon, in einen „schwarzen Sog“ zu geraten, in ein „tiefes Loch“ zu fallen oder das Bedürfnis zu verspüren, für immer einzuschlafen.“