Wenn das Kind die frisch gepflanzten Geranien des Nachbarn „düngt“ und die Versicherung einen Tango auflegt
Als Boris vor einiger Zeit einmal fröhlich „ich bin der Sämann“ trällernd die 14 Kästen der frisch gepflanzten Geranien unserer damaligen Vermierterin mit dem besten Scheuerpulver dass das elterliche Haus zu bieten hatte „düngte“, und somit ins Jenseits beförderte, stellte sich die Frage, wer denn nun für den Schaden aufzukommen habe?
Wir suchten daraufhin die Servicenummer unserer Haftpflichtversicherung heraus und wählten. Fröhliche Musik aus dem „Zigeunerbaron“ ertönte aus dem Telefon und dann säuselte eine zarte weibliche Stimme:
„Guten Tag, hier ist die XXL-Versicherung. Im Augenblick sind alle Leitungen belegt. Bitte warten!“
Wir warteten also brav und lauschten dem sich wiederholenden Hinweis, bis plötzlich der „Zigeunerbaron“ in den „Barbier von Sevilla“ übersprang. Knappe 2,84 € später überlegten wir so allmählich was uns die Geranien wohl kosten würden. Nach dem 10. Warteaufruf legten wir entnervt auf. Weitere Versuche am gleichen Nachmittag führten zu keiner Sprechverbindung, doch zu dem Erfolg, dass nun alle den „Zigeunerbaron“ auswendig mitpfeifen konnten.
Im Garten stand unsere Vermieterin und fragte ungeduldig, was denn unsere Versicherung zu der Angelegenheit sagen würde. „Nichts“ antworteten wir.
„Vermutlich sind wir in ein Callcenter geraten und nicht verbunden worden. – Na dann rufe ich sofort mal meine Haftpflichtversicherung an. Die werden Ihnen sicher gleich bestätigen, dass Ihre Versicherung selbstverständlich zu zahlen hat!“ meinte sie.
Während dessen beschlossen wir sicherheitshalber einmal unsere Rechtsschutzversicherung anzurufen, ahnend dass solche „Scherze“ bei einem flügge gewordenen Kind nun sicher des öfteren vorkommen könnten.
„ Unsere Leitungen sind alle belegt“
flötet eine kaum hörbare Stimme einer vermutlich introvertierten Pubertierenden ins Ohr. Und weil sich daraufhin im Anschluss Phil Collins angenehm anhörte, harrte ich auch hier eine gute Weile hoffnungsvoll aus, ohne verbunden zu werden.
Unsere Vermieterin haben wir an diesem frühen Abend nicht wiedergesehen.
Am darauf folgenden Tag meinte Sie dann etwas indigniert:
“Stellen Sie sich das einmal vor! Ich habe meine Haftpflicht mindestens zehnmal gestern angerufen und höre immer nur so komische Jazzmusik. Ich glaube die spinnen dort! Was mich das kostet!“
Wir vertrösten einander auf Morgen.
Beim Abendessen läutet dann unser Telefon. Stark erregt und in einer Mischung aus Wut und Verzweiflung berichtet die Vermieterin, nun seien auch ihre neuen wieder frischgepflanzten Geranien überdeckt mit einer Schicht von gelblichem Pulver!
Das gab uns zu denken. Diesmal konnte es nicht Boris gewesen sein, denn all unsere Pulvervorräte waren leer – wenn er etwas macht, dann macht er es gründlich (das ist übrigens heute noch so) und alle unsere Pulver waren weiss.
Des Rätsels Lösung folgte innerhalb der nächsten Stunde. Der kleine Nachbarjunge hatte abgekupfert und die vermeintlich zweite Runde der Düngung übernommen. Seine noch ziemlich ruhiggebliebene Mutter wählte die Servicenummer ihrer Versicherung……. Und statt Oper oder Jazz ertönte hier laute Tangomusik. Während wir in deren verduztes Gesicht schauten begannen wir Umstehenden allmählich verschwörerisch wissend zu lachen.
Unsere Rechtsschutzversicherung liess sich zwar auch nicht sprechen, hielt aber eisern an Phil Collins fest. Unsere Vermieterin wirkte im Laufe des Tages auch ziemlich erschöpft, denn sie hatte sich mehrfach „diese fürchterliche Jazzmusik“ anhören müssen, ohne ihre Haftpflichtversicherung zu erreichen.
Am nächsten Abend baten wir einfach alle zu uns nach Hause und ins Wohnzimmer herein, die Vermieterin und ihren Lebensgefährten, die Nachbarin mit dem kleinen Sohn und natürlich unseren Boris und vorsorglich auch schon dessen kleinen Bruder – man kann ja nie wissen!
Bei Tee und leckerem Kuchen konnten wir zwar allesamt unsere Versicherungen nicht persönlich sprechen, wählten aber bewusst hintereinander deren Telefonnummern und hatten somit ein abwechslungsreiches Musikprogramm als Tafelmusik. Bei guter Unterhaltung und wohlmeinender Ermahnung und Aufklärung der beiden Jungs unterhielten wir uns über zwei Stunden lang.
Bis heute hat dies unserer nachbarlichen Gemeinschaft nur gut getan. Auch das Finanzielle war dann schnell und unkompliziert geregelt und die Kinder durften später eine ganze Weile tatkräftig in des Vermieters Garten mitwerkeln – allerdings mit den dann passenden Utensilien.
Übrigens hat bis heute keiner von uns seine Versicherung gewechselt, doch bei Abschluss einer neuen werden wir uns sicherlich als allererstes über deren Erreichbarkeit erkundigen und dies überprüfen.